Briefing des Verbands CHACOMO zu «Sharing Zonen» an Bahnhöfen

Bern, 4. April 2024 - Jonas Schmid, Geschäftsführer CHACOMO

Wie geteilte Mikromobilität den öV noch attraktiver macht

Seit einiger Zeit betreiben diverse Firmen in Schweizer Städten Sharing-Angebote mit eTrottinetten und eBikes, welche per App ausgeliehen werden können. Viele dieser Angebote funktionieren nach dem «Free-Floating»-Prinzip, das heisst, die Fahrzeuge können nach der Nutzung in einem definierten Perimeter überall abgestellt werden. Es ist breit anerkannt, dass geteilte Mikromobilität als emissionsarme und flächeneffiziente Mobilitätsform zu einem nachhaltigen Verkehrssystem beiträgt.

Für den öffentlichen Verkehr stellen geteilte eTrottis und eBikes als Anschlusslösung auf der letzten Meile beziehungsweise als Ergänzung in Schwachlastzeiten eine perfekte Ergänzung dar. Erst mit diesen neuen Mobilitätsformen wird es möglich, den Kundinnen und Kunden für praktisch jeden Punkt im Agglomerationsraum eine nahtlose Reisekette von Tür-zu-Tür anzubieten. Diese Komfortsteigerung macht die Nutzung von Bahn, Tram und Bus noch attraktiver und kann längerfristig zu Verschiebungen im Modalsplit zugunsten des öffentlichen Verkehrs beitragen.

Wie die Forschungsliteratur und die Daten der Anbieter zeigen, wird in der Schweiz bereits heute die Hälfte der Nutzungen geteilter Mikromobilität als Teil einer intermodalen Reisekette mit dem öffentlichen Verkehr kombiniert[1].

«Shared Mobility Zonen» an Bahnhöfen: Was aus Sicht der Mikromobilitätsanbieter zu beachten ist

Um die Komplementarität zwischen geteilter Mikromobilität und Bahn voll auszuschöpfen und damit letztlich zusätzliche Bahnkundinnen und -kunden zu gewinnen, sollte die Vernetzung der Angebote rasch vorangetrieben werden. Die Ausgestaltung von Verkehrsdrehscheiben, die ein reibungsloses und zuverlässiges Umsteigen vom geteilten Bike oder Trotti auf die Bahn oder umgekehrt ermöglichen, spielt dabei DIE entscheidende Rolle.

Es ist sehr zu begrüssen, dass öV-Unternehmen wie die SBB und die BLS bereits begonnen haben, sogenannte «Sharing Zonen» an Bahnhöfen zu erstellen und zu erproben. Die Anbieter ziehen eine sehr positive Bilanz aus dem bisherigen Betrieb der «Sharing Zonen» und unterstützen es sehr, wenn diese nun weiterentwickelt und ausgerollt werden sollen.

Folgende Punkte sind aus Sicht der Anbieter im Hinblick auf die Planung und Ausgestaltung von «Shared Mobility Zonen» an Bahnhöfen besonders zu beachten:

  • Abstellflächen auf Bahnhofarealen sind sehr erwünscht. Bei der Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für die Anbindung der Mikromobilität an die Bahnhöfe sollten alle betroffenen Akteure frühzeitig eingebunden werden. Dazu gehören neben den Anbietern auch die Fachverantwortlichen seitens der Städte. Denn: «Shared Mobility Zonen» auf dem Bahnhofsareal werden idealweise durch Abstellflächen auf öffentlichem Grund im unmittelbaren Umfeld der Bahnhöfe ergänzt.
  • Je kürzer die Distanzen zwischen «Shared Mobility Zonen» und Bahnsteigen ausfallen, desto attraktiver wird das Umsteigen für die Nutzenden. Die Dimensionierung der Flächen sollte idealerweise möglichst nachfrageorientiert vorgenommen werden, wobei die bestehenden Nutzungsdaten der Anbieter eine wertvolle Grundlage darstellen. Idealerweise können Standorte gefunden werden, die eine sichere Zu- und Wegfahrt über Velowege, bzw. -streifen ermöglichen. Den Anbietern ist bewusst, dass die Identifikation geeigneter Flächen aufgrund des hohen Nutzungsdrucks an den Bahnhöfen keine leichte Aufgabe ist.
  • Die Nutzung der «Shared Mobility Zonen» sollte allen Anbietern offen stehen, welche in der jeweiligen Stadt über eine Betriebsbewilligung verfügen. Zusätzliche Anforderungen an die Fahrzeuge wie zum Beispiel Reklameverbote, welche über die Vorschriften von Städten und Bund hinausgehen, sind zu vermeiden.

Ein erfolgreicher Betrieb von «Shared Mobility Zonen» erfordert aus Sicht der Mikromobilitätsanbieter eine langfristig ausgelegte Partnerschaft auf Augenhöhe. Folgende Themen und Fragestellungen sind im Rahmen einer solchen Partnerschaft anzugehen:

  • Alle involvierten Akteure befinden sich aktuell in einer Lernphase, was die Vernetzung der Mikromobilität mit der Bahn angeht. Das Wissen über Kundenbedürfnisse, Nutzungsmuster und Erfolgsfaktoren ist noch relativ bescheiden. Angesichts dieser Situation ist eine intensive Zusammenarbeit notwendig, um von Fall zu Fall (bzw. von Bahnhof zu Bahnhof) möglichst optimale Lösungen zu erarbeiten. Die Anbieter erklären sich bereit, für diesen Prozess die notwendigen Personalressourcen bereitzustellen, ihr Knowhow einzubringen und die relevanten Nutzungsdaten mit den Transportunternehmen zu teilen.
  • Die Anbieter stehen Mietgebühren für die Nutzung von Sharing Zonen, so wie sie von einigen Bahnunternehmen bereits eingefordert werden, eher kritisch gegenüber. Dies einerseits aufgrund der Tatsache, dass vielerorts die nutzbaren Flächen noch gar nicht definiert und die Entwicklungen damit noch unsicher sind. Anderseits stellt sich ganz allgemein die Frage, ob es nicht im Interesse und in der Verantwortung der Bahnunternehmen liegt, sich finanziell für die «Shared Mobility Zonen» zu engagieren, wie sie dies ja auch für Veloabstellplätze tun, welche den Bahnnutzenden bzw. den Kundinnen und Kunden des Shopping-Angebots in den Bahnhöfen zugutekommen. Eine weitere ungeklärte Frage für die Anbieter ist die Zweckmässigkeit von zusätzlichen Versicherungsnachweisen für die Nutzung von eScootern oder eBikes auf Bahnhofsarealen.

Es erscheint sinnvoll, möglichst rasch in einen koordinierten Dialog mit den Anbietern zu treten, um ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, wie faire, transparente und für alle Anbieter gleichermassen geltende Rahmenbedingungen aussehen könnten. Die Swiss Alliance for Collaborative Mobility CHACOMO bietet sich an, diesen Dialog zu animieren und zu begleiten.

[1] vgl. z.B. Baumberger, R. et al. (2023). Elektrische Mikromobilität. Schlussbericht. EBP Schweiz AG im Auftrag der Städtekonferenz Mobilität. Zürich


Bern, 4. April 2024 - Jonas Schmid, Geschäftsführer von CHACOMO

Note sur la protection des données
Ce site web utilise des composants externes qui peuvent être utilisés pour collecter des données sur votre comportement. Pour en savoir plus, consultez nos informations sur la protection des données.
Les cookies nécessaires sont toujours chargés