Das Teilen von Fahrten ist eines der drei grossen Geschäftsfelder der Shared Mobility – neben dem Teilen von Fahrzeugen, wie Autos, Velos und Scootern, und dem von Infrastrukturen, wie Park- oder Ladeplätzen. Jedoch ist Carpooling in der Schweiz bis dato auch das kleinste dieser drei Geschäftsfelder – der Mönch, neben Jungfrau und Eiger, sozusagen.
Und weil gerade dieser so schwer zu erklimmen ist, sind in den letzten Jahrzehnten auch nahezu alle Versuche, die das Carpooling in der Schweizer Alltagsmobilität zum Gipfelsturm treiben wollten, gescheitert. Von Demonstrationsprojekten in den 2010er-Jahren wie dem prophetischen «Carlos», über private Initiativen wie «ride2go» aus der Hand des TCS und anderen Mobilitätsclubs, bis hin zu hauseigenen Mitfahrbörsen wie jene im UVEK in den frühen 2020er-Jahren, hat die Aussicht auf eine gemeinsame, gesprächigere und letztlich günstigere Mitfahrt nur wenige Autotüren öffnen lassen. Die leuchtenden Vorbilder aus den französischen oder deutschen Agglomerationsräumen führen so in der Schweiz, bis auf wenige «selbstorganisierte» Ausnahmen, noch immer ein Schattendasein.
Während bei unseren Nachbarn sowohl der schmale Geldbeutel als auch der ausgedünnte ÖV Menschen zueinander in die Autos treibt, leisten sich Herr und Frau Schweizer auf dem Weg zur Arbeit lieber einen Premiumplatz in ihrem privaten Fahrsessel oder auf den Polstern der SBB. Während das (quasi in der Schweiz erfundene) Carsharing vom hervorragend ausgebauten Schweizer ÖV profitiert, leidet das Carpooling unter der Gravitation des roten Schienenriesen und kann allenfalls nur an Orten und in Zeiten ausgedünnter Taktfahrpläne einzelne Kunden begeistern.
Angesichts dieser strukturellen Benachteiligung des Carpoolings in der Schweizer Alltagsmobilitätswelt erscheint es sicherlich richtig, das Schlaglicht auf eine Förderung des Carpoolings und Ridesharings zu werfen, jedoch sollte diese weniger angebots- als nachfrageorientiert ausfallen. Angebotsseitig hat es bereits nationale und internationale Player in der Schweiz, die mit ihren «Vermittlungsplattformen» bestens positioniert sind, um ein schnelles Nachfragewachstum an Fahrer- und Mitfahrer*innen auch zu bewältigen. So braucht es hier eher keine neue «staatliche Kuppelmutter»!
Wo hingegen die öffentliche Hand durchaus eine aktive Rolle spielen kann, ist bei nachfragestützenden Massnahmen auf nationaler und lokaler Ebene – im ruhenden und rollenden Verkehr. Städte und Gemeinden können mit einer «mitfahrfreundlichen Parkplatzbewirtschaftung» auf öffentlichem und privatem Grund wirkmächtige Massnahmen ergreifen, damit mehr Alltagsfahrten geteilt werden. Zudem bieten sich auf Kantonsebene schon heute fiskalpolitische Handlungsinstrumente und auf Bundesebene Infrastrukturmassnahmen, deren rechtzeitige Einforderung und Umsetzung – retrospektiv betrachtet – auch vielleicht zu einem anderen Abstimmungsergebnis beim Autobahnausbau geführt hätte. «Wäre, wäre Fahrradkette» (Lothar Matthäus, 2017).
So zusammengefasst und interpretiert lässt sich das Postulat von Nationalrätin Franziska Ryser durchaus begrüssen. Das Ziel aber muss sein, mehr Nachfrage für bereits bestehende Angebote durch gezielte ordnungspolitische Eingriffe zu erwirken – anstatt als staatlicher Fahrtenvermittler die Betriebslogik und die Geschäftspraktiken des kollektiven öffentlichen Verkehrs auf den neuen geteilten Individualverkehr zu übertragen. Nur wenn diesbezügliche verkehrspolitische Bestrebungen auf die Kompetenzen der privaten Carpooling- und Ridesharingdienste setzen, wird die Shared Mobility als Ganzes, und das Teilen von Fahrten als einer ihrer Teile, zu einer nachhaltigeren Alternative gegenüber den weniger energie-, flächen- und nutzungseffizienten Alternativen im klassischen ÖV und MIV.