Was aus dem Mikrozensus 2021 über die geteilte Mobilität zu erfahren ist – und was (noch) nicht

Kommentar von Jonas Schmid und Mathias Halef

Der Mikrozensus 2021 wurde rund ums Themengebiet Shared Mobility geringfügig erweitert. Neu wurde beispielsweise die Nutzung von Ridesharing- und Ridehailing-Diensten abgefragt, welche von 18% der befragten Personen schon in Anspruch genommen wurden.

Ursprünglich für 2020 geplant, wurde der Mikrozensus wegen der Pandemie auf 2021 verschoben. Zwar waren 2021 das Verkehrsangebot und die Fortbewegungsmöglichkeiten zumindest im Inland nicht mehr eingeschränkt. Die verkehrspolitischen Massnahmen führten aber auch im zweiten Pandemiejahr zu einem Rückgang der Verkehrsleistung, was sich in den Zahlen des Mikrozensus niederschlägt. Den Einfluss der Pandemie auf das Mobilitätsverhalten gilt es daher bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, insbesondere beim Vergleich mit den Daten der letzten Erhebungen. Dies gilt selbstredend auch für die Nutzung der geteilten Mobilität, wobei insbesondere Dienste wie Carsharing und Ridehailing unter der Pandemie litten, währenddessen geteilte Mikromobilität nach einer anfänglichen Baisse auch positive Effekte verzeichnen konnte. Die wichtigsten Resultate des Mikrozensus sind nachfolgend aufgelistet.

Besetzungsgrad/Fahrzeugbesitz: Viel Potenzial für mehr Effizienz durch Sharing

  • Durchschnittlich sassen im Jahr 2021 1.53 Personen in einem Auto, das ist leicht weniger als 2015, als der Besetzungsgrad noch 1.56 betrug
  • Im Pendlerverkehr liegt der Besetzungsgrad deutlich tiefer, nämlich bei durchschnittlich 1.09 Personen.
  • Der Anteil aller Haushalte mit einem Auto blieb mit 78% stabil im Vergleich zur letzten Auswertung. Markant ist der Anstieg beim Besitz von E-Bikes, dieser betrug 2021 20% und hat sich damit seit 2015 fast verdreifacht.

Nutzung von Shared Mobility: Tendenz steigend

  • 2021 gaben 4.5% der befragten Personen mit Führerausweis an, Mitglied einer Carsharing-Organisation zu sein. 2015 hatte dieser Wert noch leicht unter 4% gelegen. Von den Personen, die in Haushalten ohne Auto leben, war 2021 jede fünfte (21%) Mitglied einer Carsharing-Organisation.
  • Substanziell weniger Mitglieder als die Carsharing-Organisationen zählen gemäss Mikrozensus die Bikesharing- bzw. Veloverleih-Netzwerke. 2021 betrug der Anteil der erwachsenen Personen mit einer entsprechenden Mitgliedschaft knapp 2%.
  • Ridehailing und Ridesharing erfreuen sich grosser Beliebtheit in der Schweiz, wie die Zahlen des Mikrozensus zeigen: 2021 gaben 18% der befragten Personen an, schon einmal ein solches Mitfahrsystem genutzt zu haben. Bei den 18- bis 24-Jährigen lag der Anteil mit 37% deutlich höher als bei den 25- bis 64-Jährigen (21%) und den ab 65-Jährigen (3%).

Massnahmen zur Lösung der aktuellen Verkehrsprobleme: Hohe Akzeptanz für Förderung von Shared Mobility

  • Im Rahmen des Mikrozensus wurden die Befragten gebeten, ihre Ansichten zu fünf innovativen Massnahmen zur Bewältigung der aktuellen Verkehrsprobleme zu teilen. Die Unterstützung des Teilens von Mobilität wurde als zweitwichtigste Massnahme zur Bewältigung der aktuellen Verkehrsprobleme betrachtet. Die Akzeptanz für die Förderung von Shared Mobility scheint also breit verankert zu sein. Als geeignetste Massnahme auf Platz 1 wurde die Unterstützung von flexiblen Arbeitsformen eingeordnet.

Aus Sicht von CHACOMO sind die Erweiterungen des Mikrozensus 2021 rund um die Shared Mobility zu begrüssen. Nachfolgend einige Anmerkungen zur Interpretation der Resultate sowie Hinweise auf mögliche Optimierungen des Mikrozensus in Sachen geteilte Mobilität:

  • Kumuliert man die im Mikrozensus publizierten Anteile der Personen mit Zugang zu/Nutzung von Carsharing, Bikesharing und Ridesharing/Ridehailing, erhält man einen Anteil von 24% der Bevölkerung, sprich rund 1.7 Mio. Personen, welche geteilte Mobilität nutzen (nicht überschneidungsfrei, bezogen auf die Gesamtbevölkerung > 19 Jahre). Das «Shared Mobility Observatory» der Mobilitätsakademie des TCS und CHACOMO weist auf Basis einer Unternehmensbefragung 2 Mio. Shared Mobility-Nutzende in der Schweiz aus. Bedenkt man, dass das «Observatory» weitere Angebote berücksichtigt, welche im Mikrozensus nicht explizit behandelt werden, sind die beiden Resultate ziemlich konsistent, obwohl die Erhebungsgrundlagen komplett unterschiedlich sind.
  • Beim relativ geringen Anteil der Personen mit Bikesharing-Abos ist zu beachten, dass Veloverleihsysteme im Gegensatz zum öffentlichen Verkehr weit von einer flächendeckenden Verfügbarkeit entfernt sind und sich primär auf urbane Räume fokussieren. Dasselbe gilt tendenziell auch für weitere Dienste wie Carsharing und Ridehailing.
  • Für zukünftige Erhebungen macht es Sinn, Carsharing und Bikesharing nicht im Sinne von Mitgliedschaften oder Abos abzufragen, sondern wie das Ridehailing/Ridesharing in Bezug auf getätigte Nutzungen. Viele Shared Mobility-Tarifsysteme basieren auf «Pay per Use» und nicht auf «Abo-Modellen».
  • Geteilte eScooters wurden offenbar noch nicht in den Themenblock «Verfügbarkeit» von Fahrzeugen aufgenommen. Es ist anzustreben, die Fragen zum Bikesharing im Hinblick auf geteilte Mikromobilität zu erweitern.
  • Im Kapitel «Mobilitätsverhalten der Bevölkerung» wird geteilte Mobilität entweder den Kategorien Auto, Velo oder «Übrige Verkehrsmittel» angerechnet. Eine gesonderte Behandlung bzw. zusätzliche Spezialauswertungen könnten wichtige Grundlagen zur Entwicklung des Nutzungsverhalten geteilter Mobilität liefern, auch wenn deren Anteile im Gesamtverkehr noch relativ gering sind.
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